Wie geht es der Versicherungsbranche aktuell in Zeiten der Pandemie?
Gratzer: Tatsächlich ist die Pandemie herausfordernd und wir müssen davon ausgehen, dass die Krise uns alle mittel- bis langfristig beschäftigen wird. Es gibt derzeit eine hohe Unsicherheit am Wirtschafts- und Finanzmarkt. Wir sehen aber auch, dass unser Geschäftsmodell in Ausnahmesituationen funktioniert – das hat uns die Corona-Krise bestätigt.
In welchen Bereichen machen sich Veränderungen verstärkt bemerkbar?
Gratzer: Vieles ist heute nicht nur anders als es Anfang 2020 war, manches wird auch anders bleiben: KundInnen haben ihr Konsum- und Kommunikations-Verhalten geändert. Gesundheit und Sicherheit sind zu bestimmenden Faktoren geworden – ob am Arbeitsplatz oder in der persönlichen Absicherung und Vorsorge. Durch veränderte Bedürfnisse und -ansprüche der KundInnen während der Pandemie kam es zu einer deutlichen Beschleunigung der Digitalisierung. Eine Kfz-Schadenbesichtigung ist nun in wenigen Minuten möglich – und das vom Homeoffice aus. Unser Bestreben innerhalb der Versicherungsbranche ist es daher, in Zukunft noch einfacher und noch flexibler zu werden. Dafür braucht es qualitative Skills.
Sind in der Versicherungswirtschaft aufgrund der aktuellen Gegebenheiten neue Trends ablesbar?
Gratzer: Nachhaltige Versicherungslösungen sind gefragt. Es zeigt sich, dass aus einer Verpflichtung zusehends ein Verkaufsargument wird. Mit unserem Konsum- und Mobilitätsverhalten können wir alle einen großen Beitrag leisten, ebenso wie mit „grünen Versicherungslösungen“ und mit einem Fokus auf das Thema Nachhaltigkeit in der Kapitalanlage. Um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu vermeiden, sind aber umfassende Maßnahmen auf politischer, wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene notwendig. Die Generali Group unterstützt deshalb die Forderung europäischer Wirtschaftsführer, die Klimaziele bis 2030 zu verschärfen. Ganz allgemein rücken Werte wie Nachhaltigkeit, Diversität, Resilienz und Menschlichkeit in den Fokus und haben eine neue Bedeutung. Die Pandemie hat einen Digitalisierungsboom ausgelöst – aber ohne Human Touch bleibt die Digitalisierung auf lange Sicht ohne Erfolg.
Wie geht die Versicherungswirtschaft mit der wachsenden digital affinen Kundengruppe um?
Gratzer: Trotz künstlicher Intelligenz, Apps, Fingerprint und konzentrierte Automatisierung bleibt der Bedarf an persönlicher Beratung für komplexe Produkte und die meisten Personensparten unverändert bestehen. Emotionale Themen wie die eigene Gesundheit oder die Absicherung des Lebens sind in einem persönlichen Vier-Augen-Gespräch einfach besser aufgehoben.
Welche beruflichen Vorteile bringt eine Zusatzqualifikation wie "Akademische/r Versicherungskauffrau bzw. -kaufmann", die seit 30 Jahren exakt auf den Versicherungsbereich abgestimmte Inhalte und Case Studies liefert, für Einzelne?
Gratzer: Im Sinne einer Weiterentwicklung, persönlich und im Unternehmen, ist eine berufliche Höherqualifizierung immer von Vorteil. Die Ausbildung ist eine Chance auf eine konkrete Fokussierung auf relevante Themen der Branche, sowohl in der täglichen Arbeit als auch in Richtung Zukunft der Versicherungswirtschaft. Durch neue Herausforderungen und sich wandelnde Bedürfnisse ist eine Weiterbildung auch im Sinne der KundInnen wichtig, um sicherzustellen, immer am Stand der aktuellen Entwicklung zu sein.
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