Eine gute Nachricht zum Schulstart: Das österreichische Bildungsministerium fokussiert die psychischen und sozialen Konfliktherde im Schulalltag und will die Stellen für Schulpsycholog:innen aufstocken. Das soll on the long run wohl auch die Drop-Out-Quote im Lehrberuf schmälern. "Aktuell benötigen wir doppelt so viele Stellen für Schulpsycholog:innen", mahnt Dr. Josef Zollneritsch, Leiter der Schulpsychologie in der Bildungsdirektion Steiermark. Zollneritsch ist parallel stellvertretender Leiter des berufsbegleitenden Universitätskurses Schulpsychologie.
Ein brandaktueller Talk mit dem Experten zum Schulstart:
Armutsprävention durch Bildung versus verschärfte Teuerungen für armutsbetroffene Familien rund um den Schulstart: Welche Tipps haben Sie für betroffene Eltern und Kinder aus schulpsychologischer Sicht?
Zollneritsch: Angesichts aller Widrigkeiten geht es in erster Linie darum, die Schule als positiven Lebens- und Erfahrungsraum zu erzählen. Eltern sollten ihre Kinder mental auf das Kommende vorbereiten und gleichzeitig das positive Leistungs- und Selbstwertgefühl ihrer Kinder fördern. Eine freudvolle Darstellung des Lernens in der Gemeinschaft aktiviert den individuellen Wachstumsaspekt. Schließlich ist die Schule eine Vertrauensorganisation, die alle Kinder und Jugendliche mit ihren ganz individuellen Konditionen willkommen heißt.
Stichwort Diversität und Integration im Klassenzimmer angesichts der Schutzsuchenden aus der Ukraine: Vor welchen Herausforderungen steht die Vertrauensorganisation Schule bei der Eingliederung?
Zollneritsch: Schulen haben darin bereits spätestens seit 2016 Übung. Die ukrainischen Schüler:innen sind sehr lernwillig. Für uns ist es wichtig, dass sie auch in die richtigen Schultypen gelangen. Insgesamt sehe ich dies als bewältigbare und sehr bereichernde Herausforderungen.
Seit Jahren machen Sie sich für mehr offene Stellen für Schulpsycholog:innen stark: Wie sieht die Situation aktuell aus und wie lautet Ihr Apell in Richtung Politik?
Zollneritsch: Wir müssen es in Österreich endlich schaffen, uns in Hinblick auf Unterstützungssysteme an internationale Standards im Pädagogikbereich anzuschließen. Ein tragfähiges Unterstützungssystem in Stufen muss auch die Elementarpädagogik inkludieren. Es braucht im Schulalltag ein Netz aus ausgebildeten Lehrer:innen und Spezialist:innen der Schulpsychologie direkt vor Ort. Eine moderne Schule ist eine Schule, die auf individuelle Bedürfnisse achtet. Nur, wenn es Menschen gut geht, sind sie auch lernfähig. Schulpsycholog:innen spielen hierbei eine wichtige Rolle in enger interdisziplinärer Kooperation mit anderen Helferberufen. Der berufsbegleitende Universitätskurs "Schulpsychologie", der im März 2023 wieder startet, leistet dafür eine wesentliche innovative Grundlage.
Wie sehr haben sich die Schulabgänge in den Corona-Jahren und der vermehrte häusliche Unterricht auf die Psychohygiene der Lehrkörper ausgewirkt?
Zollneritsch: Wir haben in den vergangenen Jahren eine Vertrauenskrise in das Schulsystem erlebt und das war eine große Anstrengung für alle Beteiligten. Wenn die äußeren Umstände soweit stabil bleiben, kann im nun startenden Schuljahr aber wieder Normalität einkehren. Hinsichtlich der Schulabgänge spüren wir eine Kehrtwende.
Gilt das auch im Fall eines Corona-Herbsts/-Winters?
Zollneritsch: Von meinem aktuellen Standpunkt aus sehe ich die Situation recht unproblematisch. Ich finde es bemerkenswert, wieviel wir in den letzten Schuljahren über unsere Gesundheit lernen konnten und wie sehr das Gesundheitsbewusstsein in Zeiten einer solchen Krise gefördert wurde. Auch das zählt zu den wichtigen Aufgaben im pädagogischen Alltag.
Der berufsbegleitende Universitätskurs Schulpsychologie startet im März 2023.
Mehr Informationen und Anmeldung unter Schulpsychologie